Frohe Weihnachten
Die Geschichte vom Weihnachtshacker
Es war einmal ein kleiner Junge. Der freute sich noch mehr aufs Weihnachtsfest als all die anderen kleinen Jungen und Mädchen. Am allermeisten freute er sich natürlich auf die Geschenke. Was würde er wohl bekommen? Bücher? Spielzeug? Einen Pullover?
Aber es war noch eine lange Zeit bis Weihnachten. Von Tag zu Tag wurde seine Vorfreude größer. Aber seine Neugier auch. Und weil er ein aufgeweckter kleiner Junge war, hatte er in der Woche vor Weihnachten eine großartige Entdeckung gemacht. Beim Spielen mit seinem ferngesteuerten Auto – einem Geschenk vom letzten Jahr – hatte er den Platz entdeckt, an dem seine Eltern die Weihnachtsgeschenke versteckten. Plötzlich hatte das Auto nicht mehr auf die Befehle seiner Fernsteuerung gehört, war durch die Wohnung geflitzt, genau durch die Schlafzimmertür, die einen Spalt geöffnet war und war im Schlafzimmer seiner Eltern verschwunden. Er hatte es nirgendwo entdecken können, bis er auf den Knien herumgekrabbelt war und unter dem Bett der Eltern etwas Leuchtendes entdeckt hatte: Geschenke, die in glitzerndes Papier verpackt waren. Und daneben – sein Auto.
Natürlich wollte er zuerst sein Auto holen und weiterspielen. Aber andererseits: ein vorsichtiger Blick würde ja wohl kaum schaden können.
Also hatte er mit spitzen Fingern den Klebestreifen gelöst und das Geschenkpapier zur Seite gefaltet. Und dann war er vor Freude fast ihn Ohnmacht gefallen: Ein Computer! Der weiße Karton. Das dezente schwarze Logo. In Irrtum war unmöglich. Schnell hatte er das Papier wieder zusammengeklebt und war in sein Zimmer gegangen.
Und jetzt saß er da. Am Nachmittag des 24. Dezember. „Heilig Nachmittag“, wie sein Vater immer sagte. Eigentlich sollte dies die allerbeste Zeit sein. Der Höhepunkt der Vorfreude. Aber dieses Jahr war es anders. Er saß in seinem Kinderzimmer und fühlte sich unglücklich. Da war keine Vorfreude, weil er ja wusste, was er bekommen würde. Aber da war etwas anderes: ein schlechtes Gewissen. Und als dann schließlich der Abend kam, das Essen vorüber war und das silberne Glöckchen zur Bescherung läutete, schlich er mit betrübter Miene zum Baum und konnte sich kaum über das große, glitzernde Geschenk freuen.
Obwohl: Um ganz ehrlich zu sein, freute er sich natürlich doch. Schließlich ist ein Computer ein tolles Geschenk und ein schlechtes Gewissen eine recht flüchtige Erscheinung. Aber eins hatte er gelernt: Es lohnt sich nicht, zu neugierig zu sein. Manchmal ist es schöner, sich einfach überraschen zu lassen.
Das wäre ein wunderschönes Ende für diese Geschichte. Aber sie geht noch ein bisschen weiter. Denn aus dem kleinen Jungen wurde ein erwachsener Mann. Vieles hatte sich in seinem Leben geändert, doch eines war geblieben. Er war immer noch neugierig und steckte seine Nase gerne in Dinge, wo sie nicht hineingehörte. So zum Beispiel in Beiträge auf Weihnachts-Websites, weil er gerne wissen wollte, was sich hinter einem Bild mit einer Geschenkidee verbarg. Und diesmal hatte sich seine Neugier gelohnt: Er hatte eine Weihnachtsgeschichte gefunden, die außer ihm noch niemand kannte.