Es ist immer ein Wir
Interview mit Heike Kemmner
Frau Kemmner, wenn Sie auf 2020 zurückschauen: Sind Sie froh, dass das Jahr endlich vorbei ist?
Natürlich war das kein Jahr, wie man es sich wünscht. Alle mussten zurückstecken und unfassbar viel Disziplin
und Kraft aufbringen, um die Pandemie zu bewältigen. Andererseits ist Corona mit dem 31. Dezember noch nicht vorbei. Da bleibt schon die Frage, was nehmen wir mit. Wenn ich darauf Antworten suche, muss ich sagen: Es war ein völlig anderes Jahr, es war ein schweres Jahr, aber es war nicht nur schlecht.
Was nehmen Sie an positiven Erkenntnissen mit?
Um mit dem Umfeld zu beginnen: Der Zusammenhalt war beeindruckend. Überhaupt gab es eine große Solidarität in vielen Bereichen des täglichen Lebens. Beruflich habe ich ein sehr hohes Maß an Loyalität unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gespürt. Ich persönlich habe Dinge wieder schätzen gelernt, die bis dahin völlig selbstverständlich für mich waren. Ich habe erfahren, wie wichtig die Kommunikation mit anderen und das Miteinander für mich sind. Und ich bin sehr dankbar, dass ich die Krise in allen Belangen bisher gut überstanden habe. Wobei mir bewusst ist, dass es viele andere deutlich schwerer hatten. Diesen Menschen gehört mein ganz besonderer Respekt. Auch das möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen.
Die IBB hat dieses fordernde Jahr mit einem guten Ergebnis abgeschlossen. Wie war das aus Ihrer Sicht möglich?
Um ehrlich zu sein, haben wir im Juni unser ursprüngliches Planergebnis für 2020 deutlich reduziert. Dass wir am Schluss im Plan waren, hat zwei Gründe: zum einen harte Arbeit und viel Engagement von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zum anderen Geschäftsbeziehungen, die robust und krisenfest sind.
Beginnen wir mit dem ersten Punkt. Wie haben Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im vergangenen Jahr erlebt?
Ich bin immer noch tief beeindruckt, wie alle die Situation angenommen haben. Sie sind jeden Schritt mitgegangen und wir haben alle konsequent an einem Strang gezogen. Das ist umso bemerkenswerter, weil Unternehmen wie die IBB stark von der Dynamik leben. Wenn ich die leeren Flure sehe, macht mich das traurig. Der Austausch untereinander, die inspirierenden Gespräche – all dies hat unheimlich gefehlt und fehlt noch immer. Trotzdem ist es uns gelungen, gemeinsam dieses Schiff in der Krise zu manövrieren und auf Kurs zu halten.
Was hat die IBB anders gemacht als andere?
Es ist immer ein Wir. Nur so funktioniert eine kleine Bank. Uns braucht die Welt nicht, hat mein ehemaliger Kollege Klaus Gallist immer gesagt. Aber wir finden unseren Platz, wenn wir Ideen haben und diese alle gemeinsam zielgerichtet realisieren. Auch das gehört zu den ganz positiven Erkenntnissen des Jahres 2020.
Wie haben Sie die Beziehung zu Ihren Kunden während der Pandemie wahrgenommen?
Ein unschätzbarer Vorteil war, dass wir zu vielen Kunden langjährige Geschäftsbeziehungen haben. Da geht vieles über Telefon oder Videokonferenz. Man vertraut sich und weiß, wie verlässlich der andere ist.
Gibt es aus Ihrer Sicht ein Erfolgsgeheimnis der IBB?
Wir kommen aus einem Familienkonzern und haben neben einem unternehmerischen Geist ein stabiles Wertefundament, das unverrückbar ist. Dazu kommt ein hohes Maß an Flexibilität, um auf neue Gegebenheiten schnell reagieren zu können. Das hat uns gerade 2020 wieder ganz besonders geholfen. Wir müssen nur darauf achten, dass uns durch die lange Zeit im Homeoffice diese Dynamik nicht verloren geht.
Irgendwann einmal wird die Pandemie vorbei sein. Wie lautet Ihre wirtschaftliche Prognose für die Zeit danach?
Überall ist zu hören, dass mit einer Vielzahl von Insolvenzen zu rechnen ist. Ich möchte das gar nicht so negativ sehen. Die Pandemie hat uns aufgezeigt, wo Defizite da sind. Wir haben aber auch gesehen, was gut funktioniert, weil wir dazu gezwungen wurden und keine Ausreden hatten. Wir sind alle – Unternehmen und Banken – aufgerufen, die Herausforderungen mutig anzugehen. Ich schaue positiv in die Zukunft. Wir haben das letzte Jahr gut gemeistert, das werden wir auch weiterhin schaffen. Ja, es wird anstrengend, aber es ist immer anstrengend. Risiko ist unser Geschäft und wenn wir das gut verstehen, haben wir auch die Betriebe gut verstanden. Und ja, es wird den einen oder anderen Ausfall geben. Wo gehobelt wird, fallen Späne. Da sind wir nicht naiv. Das darf uns aber nicht daran hindern, vorwärtszudenken und zu schauen, was wir in der Krise gelernt haben und dieses Gelernte auch anzuwenden.
Welche Rolle wird die Digitalisierung dabei spielen?
Sie soll uns helfen, Dinge effizienter zu machen. Sie soll den Menschen aber nicht ersetzen. Anders gesagt: Wir müssen uns die digitale Welt dienlich machen. Aber die beste Lösung finden wir immer noch im persönlichen Austausch mit dem Kunden. Diese individuelle Note müssen wir weiterpflegen, indem wir das Beste aus beiden Welten miteinander verbinden.
Zum 25-jährigen Jubiläum arbeiten Sie in der Kommunikation mit Segel-Motiven. Welche Überlegung steht hier dahinter?
Mit dem Bodensee im Namen hat es sich angeboten, mit Bildern aus der Schifffahrt unsere Botschaften zu untermauern. Was wir zum Ausdruck bringen möchten: Wir haben einen stabilen Rumpf und können trotzdem flexibel die Segel setzen, um je nach Wetter das beste Manöver durchzuführen. Das heißt aber nicht, dass wir unsere Fahne mit dem Wind drehen. Wenn eine Richtung nicht geht, dann muss man auch mal kreuzen.
Um in diesem Bild zu bleiben: Woraus setzt sich der stabile Rumpf zusammen?
Unsere fundamentalen Pfeiler vom ersten Tag weg sind Nähe und Bodenhaftung. In der täglichen Arbeit hat sich auch sehr schnell herausgestellt, dass wir von unserem Wesen her wie Unternehmer an der Seite von Unternehmen agieren.
Woran machen Sie diesen unternehmerischen Geist fest?
Ich denke, dass wir mit unseren meist mittelständischen Kunden auf Augenhöhe sprechen und erkennen, wo sie unsere Unterstützung brauchen. Dies einordnen zu können und die beste Lösung vorzuschlagen – das ist unser Angebot. Als IBB haben wir das gleiche Denken und die gleiche Herangehensweise wie die Unternehmen, für die wir tätig sind. Wir wissen auch, wie schwierig es ist, Ziele zu erreichen, weil wir es jeden Tag am eigenen Leib spüren. Darum haben wir großen Respekt vor der Leistung unserer Kunden und ich bin überzeugt, dass sich diese Wertschätzung in der Zusammenarbeit niederschlägt.